Mrz 02 2021
Abgelaufen!
19:00 - 20:30
Decolonize Erfurt

Im Dekolonial-Salon: Der transatlantische Versklavungshandel

Joachim Nettelbeck (1738 – 1824) hat als Obersteuermann auf niederländischen Versklavungsschiffen den Handel mit bis zu 750 Menschen befehligt: Mit einem Beiboot ist er die westafrikanische Küste abgefahren, wo er die gefangenen Menschen eingekauft hat; auf den Schiffen hat er das grausame Regime aufrechterhalten, das dort herrschte; auf den Märkten der Karibik hat er die Verschleppten weiterverkauft. Darüber hinaus hat Nettelbeck versucht, drei preußische Könige zum Erwerb von Kolonien zu bewegen (sklavereibasierte Plantagenkolonien in der Karibik und ein Versklavungsstützpunkt in Westafrika), weshalb er zur Zeit der Erfurter Straßenbenennung im Jahr 1905 auch als Pionier des deutschen Kolonialismus verehrt wurde. Über einen mehrere Wochen dauernden Aufenthalt auf einer Plantage in Surinam schreibt er in seiner Autobiographie, es sei die schönste Zeit seines Lebens gewesen.

Wie hat der transatlantische Versklavungshandel eigentlich funktioniert? Was waren die Realitäten auf den Schiffen, die die „Mittelpassage“ befuhren? Was für ein ökonomisches System hat dieser Handel ermöglicht? Was hat er mit den afrikanischen Gesellschaften gemacht, die von ihm betroffen waren? Unter welchen Bedingungen haben die Versklavten auf den Plantagenkolonien der beiden Amerikas gelebt und gearbeitet? Und schließlich: Wie steht es um die deutschen Beteiligungen an diesem Menschheitsverbrechen?

Über diese Fragen unterhalten wir uns mit Prof. Dr. Michael Zeuske, einem der international renommiertesten Sklavereihistoriker*innen. Michael Zeuske ist Senior Professor am Center for Dependency and Slavery Studies der Universität Bonn. Er ist Autor mehrerer Bücher, u.a. einer Globalgeschichte der Sklaverei, Herausgeber mehrerer Sammelbände und hat zahlreiche Artikel zum Thema veröffentlicht.