Nov 10 2022
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9:30 - 16:30
Amadeu Antonio Stiftung

Dämonisierung durch Vergleich? Kolonialismus- und Apartheidsanalogien im israelbezogenen Antisemitismus

Auch wenn die Analogisierung Israels als „Apartheids-“ und „Kolonialregime“ bereits eine lange Tradition hat, wird sie in Deutschland und Europa in den letzten Jahren (wieder) zunehmend virulent: Entsprechende Plakate und Verweise waren nicht nur auf zahlreichen Protesten anlässlich der letzten Eskalationen des arabisch-israelischen Konflikts 2021 präsent, die Analogien werden auch von der anti-
israelischen Boykott-Bewegung BDS und mit postkolonialen Bezügen innerhalb des Kunst- und Kulturbetriebs verwendet. Auch Amnesty International hat den Begriff der Apartheid genutzt, um die Verhältnisse in Israel und den palästinensischen Gebieten zu beschreiben. Der historische Apartheidbegriff geht auf die rassistische südafrikanische Politik zurück und beschreibt die Segregation von Menschen nach rassistischen Merkmalen, um eine ungleiche Verteilung von Macht, Ressourcen und Aufgaben zu legitimieren. 1967 in Folge des „Sechs-Tage-Kriegs“ wurde der Begriff erstmals von der UdSSR auf Israel übertragen, um die arabischen Verbündeten zu unterstützen und Israel im Kontext des Kalten Krieges zu isolieren und delegitimieren.

Derartige Analogisierungen sind nicht zuletzt deshalb gefährlich, weil sie in (bewusster) Verkennung der historischen Bezüge mit Blick auf Israel antisemitische Inhalte transportieren, denen doppelte Standards und Versuche der Dämonisierung und Delegitimierung zugrunde liegen. Zugleich relativieren sie die Kolonialverbrechen und entlasten so die in diese Verbrechen verstrickten nationalen Kollektive. Einher gehen Apartheids- und Kolonialismusanalogien häufig mit einer Relativierung des Holocaust und einem Bestreiten der Singularität der Schoa. Dazu hat die Historikerin Sybille Steinbacher treffend festgestellt: „Der Holocaust darf also auch deshalb nichts Besonderes sein, weil sich dann – und erst dann – die Legitimität des jüdischen Staates in Frage stellen lässt“. Somit ist es doch wieder der israelbezogene Antisemitismus, der die Verve erklärt, mit der derzeit um die Singularität der Schoa gestritten wird.

Nicht zuletzt für Pädagog*innen stellen die hier skizzierten Debatten eine Herausforderung dar.

Im Rahmen des Fachforums soll daher die Rolle von Kolonialismus- und Apartheidsanalogien im gegenwärtigen Antisemitismus analysiert werden. Welche Selbstbilder gehen mit derartigen Zuschreibungen auf Israel einher? Welche Funktionen erfüllt die Delegitimierung des jüdischen Staates Israels als koloniales „Apartheid“-Regime in einer post-nazistischen und postkolonialen Dominanzgesellschaft? Welche Rolle spielen die Perspektiven der Betroffenen antisemitischer Gewalt in deutschen Debatten? Und wie kann diesen Analogisierungen in einer antisemitismus- und rassismuskritischen Pädagogik begegnet werden?

Anmeldung unter: anmeldung.bs-anne-frank.de (unter „Digitale Angebote und Fachtage“)

Nähere Informationen unter: www.kompetenznetzwerk-antisemitismus.de